Irgendwo aus leicht dräuendem Gewölk singt da ein Mädel, teilt uns mit, dass es zum Sterben noch nicht bereit sei und vielleicht darum auch nicht gleich stirbt, sondern singend herabschwebt, beinah auf Sichtweite herankommt und doch immer etwas nebulös bleibt.

Von einer derart jungen Interpretin wäre es auch ein wenig abwegig, auch wenn es für die Entwicklung einer Tragödie optimal wäre, gleich ihr Wegsterben einzufordern, ohnehin, braucht man denn zum Sterben wirklich bereit zu sein, reicht es denn nicht, dass das Sterben für einen jederzeit bereit ist?

Wie auch immer, irgendwo zwischen Ankommen und gleich wieder Abhauen, ruft das Mädel nach Beistand, äussert dann sogleich auch den Wunsch, lieber jemand anders zu sein. Gut, den Wunsch jemand anders und vor allem nicht mich selbst zu sein, hatte ich auch schon, weil ich mich aber nicht entscheiden konnte, wen ich denn sein möchte, und nicht rausgefunden habe, ob ich vielleicht auch, alles vereinfachend, niemand sein könnte, hab ich's dann fallen lassen.

Das Mädel will nun jetzt aber keine guten Ratschläge hören sondern nur noch rennen, davonlaufen, und klar, weiss es nicht wohin, wer weiss das schon, aber irgendwas muss man ja tun, wenn man jung ist und das ist das KAØØS Mädel.

So in etwa das Chaos der Gefühle junger Menschen, in einer Welt, die kaum noch Orte der Geborgenheit anzubieten hat. Gut, für junge Menschen war die Welt, so wie sie ist, schon in allen Zeitaltern eine Zumutung. Mich wundert's daher nicht, wenn's es das KAØØS Mädel derart überfällt.

Ja dann lauf doch davon, renn doch, rennen sei ja gesund, wenn man's nicht gleich übertreibt, ruf ich ihr im Stillen nach, und deine Stimme ist soweit ganz ok, und was du da emotional rüberbringen willst, da bin ich ganz bei dir, solltest aber mehr von deinen Gefühlen hören lassen, sonst reicht das nicht wirklich wohin. Dein Song »Running« ist ein wenig flau geraten, kommt etwas unentschlossen daher, mir's fehlt's da persönlich an Kraft & Würze, wirst ja wohl nicht deinen Altersgenossen jetzt Kindersirup ausschenken wollen.

Nun, da »Running« dein erster eigener Song so mit allem drum und dran ist, den du nun publizierst, und ein solches Erlebnis, das für jeden Musikschaffenden ein von Freudentaumel und Angstschweiss begleitetes Weltereignis ist, möchte ich nun wirklich nicht der sein, der dich jetzt bei deinen ersten Gehversuchen quasi niederknüppelt.

Der, in deinem Liedtext transportierte Existenzschmerz, der wird sich geben, geben müssen, weil man mit zu vielen Schmerzen ja nicht leben, nicht überleben kann. Und so wirst du nicht drum herumkommen, dir eine Position zu ergattern, die auf irgendeine Art geht, die dir ein Überleben oder ein kurzzeitiges Fortdauern zumindest vorstellbar macht, Chaos hin oder her. Das Phänomen Zeit ist es, das dir eine Chance, um nach möglichen Alternativen und Tricks Ausschau zu halten, offeriert.

Die Musik an sich kann einem als Überlebenstaktik schon nützlich sein, der Musikmarkt natürlich eher weniger. Ich jedenfalls wünsche dir Alles Gute für deinen Weg, und wie's auch immer für dich ausschaut in ein paar Jahren, was soll ich sagen, es gibt Langweiligeres und allerhand Stupideres, das, indem du dich der Musik hingibst, mit etwas Glück an dir vorbeirauschen wird.

Trotzdem, tragischerweise sind da in der Jugend diese grossen aufdringlichen Fragen, die zum grössten Teil unbeantwortet bleiben. Viele lassen es darum mit der Fragerei bald einmal sein, dort kommt dann nach der Jugend eigentlich nichts mehr. Um sich für das Sterben fit zu machen, sollte man aber unbedingt leben, ein bisschen wenigstens, oder zumindest soviel, dass man genug zum Rekapitulieren beisammen hat, finde ich, und das bedeutet weiter und ohne Unterlass Fragen zu stellen, Herz, Augen und Ohren offen halten, und ein wenig gespannt auf das bleiben, was einem noch alles begegnen wird und passieren, rundherum.

Mit Herzlich Grüssen in die traute/unvertraute Runde - Euer oller, D.T.Koller

Service Public: KAØØS Webseite / KAØØS bei Instagram / bei Tiktok // Der Track “Running” wurde von Jan Schepmann & Philipp Meyer-Wien produziert, gemixt & gemastert

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